Gottfried von Einem, Laudation zum 70. Geburtstag

Auf eine sehr bestimmte, lächelnde, eigene und leise Art hat mein Freund Peter Mieg immer das getan, von dem er ahnte, dass es für ihn das Richtige sei, das, von dem er Hörende zu überzeugen habe. Durch Manuel Gasser und Karl v. Schumacher lernte ich ihn Ende der vierziger Jahre in Zürich kennen. Ich war Mitglied des Direktoriums der Salzburger Festspiele und auf der Suche nach Menschen im Ausland, die uns helfen könnten, die eigene Identität zu restaurieren. Die Festspiele besassen sie durch Mozart und die grossen Interpreten der Vergangenheit. Mahler, Strauss, Toscanini, Walter, Reinhardt, Furtwängler und andere. Wir, die dem Tod Entronnenen, wollten Licht und Luft für uns und die mit uns Strebenden schaffen.Peter Mieg verstand es, und ohne viel Redens schrieb er in der «Weltwoche» seine stillen, klaren und harten Betrachtungen. Für uns sind sie voll der Anregungen und Entdeckungen gewesen. Später erst lernte ich den Komponisten kennen. Weder er noch sein Werk drängen sich auf. Er zwingt auf leise Art, ihm zuzuhören, sich seinen Tönen zu öffnen. Sie sind persönlich. Das fiel mir früh auf, und sie sind immer energischer ins Reine, ins Unverwechselbare gewachsen, erfüllt und bereichert durch die bewusst erlittene Zeit. Er beschäftigte sich mit den Formen der Musik wie mit verletzbaren Pflanzen, duldsam, anschauend. Aus der erhörten Weltanschauung gab er uns Musik, die uns klärt. Und nicht, wie vieles andere, verwirrt und tyrannisiert. Wir haben gemeinsam Musik erfunden, aquarelliert – ich nicht ohne Pflümli – und gemeinsam geschwiegen. Dass aus der Duldsamkeit das Wort, die Rede und die künstlerische Tat erwachsen, mutet immer wieder als Wunder an, verleiht dem Leben Wärme für Ton, Wort und Strich. Wer darf daran zweifeln, dass solche Vorgänge notwendig, aber selten sind. Ihr Mitbürger, Peter Mieg hat eine Weltsprache.